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Nicola Richter wurde von der HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE in Hamburg berufen zu lehren. Hier sind nun drei Projektangebote aus dem ersten Semester dieser Zeit, sowie Stimmen derer, mit denen sie lernen und lehren durfte, zu lesen.



I LOVE ! | PASSION & PROFESSION

Lehrangebot an der | HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE, HAMBURG



Design braucht Passionen und Visionen.
Denn diese gestalten Interaktion, und formulieren Funktion.
Keines sollte ohne sein Anderes sein. Keines gilt es zu verneinen.
Unter dem Arbeitstitel I LOVE ! werden drei Projekte angeboten, die das Design als eine Evolution projektbezogener Passion begreifen.
Jedes der Projekte wird sich mit vermeintlich Unvereinbarem befassen. Wesentliche Evolutionsfaktoren sind Mutation, Formen der Rekombination, Selektion und Gendrift, also ein Treiben und sich treiben lassen.
Design ist interdisziplinär und zukunftsorientiert - ist im „Dazwischen“. Denn Design ist ein Hybrid aus Theorie und Praxis – die Definition einer Interpretation, die Realisation einer Vision, Kalkulation und Emotion. Allerdings zeigt sich – auch im Design – eine Paradoxie oder gar Schizophrenie, die das Design allzu häufig banalisiert. Das wird vielfach verleugnet oder fahrlässig verkannt.
Wir haben ein Problem: Wir glauben zu wissen.
Neuartige Fragen werden folglich von alten Antworten verschluckt.
Das ist paradox und doch erklärbar, denn etablierte Denk- und Produktionsprozesse wurden und werden – sonstigen, immer schneller werdenden Entwicklungen zuwider - nur träge erneuert.
Paradox ist, dass der Mensch seine Umwelt geformt und definiert hat und sich nun in ihr verliert.
Paradox ist, dass in zunehmender Geschwindigkeit produziert und Innovatives zeitgleich negiert wird.
Paradox ist der gegenwärtige Versuch einer Zukunft, der das Zukünftige starr strukturiert und Prozesshaftes wie Suchen und Versuchen vor seinem Entstehen perfektioniert und so Visionsoptionen vorformuliert.
Das Gegenteil einer Vision ist wohl die Paralyse, eine Lähmung, der Stillstand oder eine Depression.
Paradox - und folglich doch logisch - ist, dass auch die zukunftsorientierte „Profession Design“ zunehmend Visionsloses hervorbringt, nämlich Retros und Redundantes - Retroremaker.
I LOVE ! Die Natur des Designs vermag es Disparates - Fremdartiges und Paradoxes - zu einen. Um Selbiges soll es hier gehen.
Bitte sorgen Sie sich nicht.
Es ist alles da.
Sie müssen es nur wagen, nicht den kleinsten Nenner,
sondern die übergeordnete Intention zu sehen.
Paradox: Sie sollten lernen, verloren zu gehen.

Nicola Richter



I LOVE ! SEHNSUCHT
PARADOX: SEHNSUCHT IST BEDARF UND PRODUKTION.
Denn eine Sehnsucht motiviert Bewegung, also Handlungen und Gesten, die nach Ersehntem langen. Oder es zeigt sich Etwas, dessen Erscheinen Sehnsucht provoziert, weil es Ersehntes konkretisiert.
Hier wird versucht, das Indikativ des subjektiv und privat Ersehnten professionell produktiv zu nutzen.
Im Projektverlauf werden zunächst Gesten der Sehnsucht selbstreflexiv diskutiert und hinsichtlich persönlicher Motivation analysiert. Diese erfahren einen phänomenologischen Übertrag, der den allgemeinen Nutzen als Design eines Produkts interpretiert und übersetzt.
Zur Vorbereitung auf das Projekt „ I LOVE ! SEHNSUCHT“ werde ich Sie bitten, Gesten Ihrer Sehnsüchte zu beobachten und ausgelebte Formen eines spezifischen Verlangens zu fokussieren, diese weitestgehend zu provozieren und – in welchem Medium auch immer – zu dokumentieren.

PROJEKTBEGINN 22.04.2008 | 10:00 - 13:00 | HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE, HAMBURG | Räumlichkeiten werden noch bekannt gegeben

Anmerkungen, Fragen oder Anmeldung bitte an: richter@gestaltungsrichter.de



I LOVE ! LANGE, SCHWARZE NACHT
PARADOX: LOSLASSEN ANFASSEN!
Produkte für Raum und Moment, den Keiner kennt!
Dem einleitenden Text I LOVE ! PASSION & PROFESSION zufolge logisch:
Jeder dritte leidet Mensch unter Schlafstörungen.
In der Einschlafphase gilt es, sich Anderem und undefinierbar Fremdartigem zu überlassen. Das ist entzückend elementar, denn der Mensch funktioniert nicht, wenn er sich nicht auf den Dialog mit Andersartigem einlässt. Er verfällt dem Wahn, wenn er das Rationale nicht auch dem Irrationalen, den gesicherten Raum nicht auch dem Traum überlässt.
Die rationale Konzeption von Produkten, die den einleitenden Schlaf kalkulieren, scheint zunächst paradox. Denn der Schlaf verschlingt den rationalen, dreidimensionalen Raum im Traum.
Der umstrittene Gebrauch von Schlafmitteln und sonstigen Hypnotika ist folglich ebenso logisch. Denn diese kalkulieren den Schlaf rational und dominieren so das Irrationale.
Die Fragestellung lautet also:
Welche Formen, welche Produkte können das Loslassen fassen?
Wie lässt sich ein „Seinlassen“ stimulieren, inszenieren und produzieren?
Vorbereitend beobachten Sie bitte ein Phänomen, von dem Sie denken, dass dieses dem Einschlafen hinderlich ist. Daraufhin formulieren Sie bitte eine These, die das vermutlich kontraproduktive Element beschreibt. Bitte versuchen Sie Ihre Annahmen in einer kurzen, schriftlichen Skizze zu dokumentieren.

PROJEKTBEGINN 23.04.2008 | 10:00-13:00 | HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE, HAMBURG | Räumlichkeiten werden noch bekannt gegeben

Anmerkungen, Fragen oder Anmeldung bitte an: richter@gestaltungsrichter.de



I LOVE ! LEIDENSCHAFT
PARADOX: EIN LIEBEVOLLER JUDASKUSS!
Hier gilt es den Nucleus, den Antrieb und den versteckten Wert einer angeblich verwerflichen Leidenschaft zu erfragen. Es geht also darum, den Sinn des vordergründig Sinnentleerten und den produktiven Willen im angeblich Willenlosen (z.B. einer Autoagression, einer Perversion oder Sucht) zu suchen, zu ergründen und in einem Produkt zu formulieren.
Leidenschaft wird häufig als ein Phänomen, jenseits rational argumentierbarer Einsichten beschrieben.
Doch auch der besonnene Mensch agiert bei vollem Bewusstsein leidenschaftlich und verliert die Vernunft nicht wie einen Strumpf. Zudem ist fraglich, ob etwas Sinnloses überhaupt existiert und wer oder was Wert und Unterschied von Sinn und Vernunft definiert.
Das Projekt „I LOVE ! LEIDENSCHAFT“ wird die Schönheit einer arroganten, ignoranten, penetranten, asozialen, hedonistischen oder einfach nur dummen Sau suchen und versuchen.
So burn, baby, burn! I LOVE ! LEIDENSCHAFT Formen für gebrochene Normen.
Benennen Sie vorbereitend bitte einen, - persönlich oder öffentlich - vielfach praktizierten, leidenschaftlichen und - gerne auch laut Ihrer Definition -, vermeintlich abnormen Akt.
Bitte versuchen Sie das entsprechende Phänomen zu definieren und zu dokumentieren.

PROJEKTBEGINN 24.04. | 10:00 - 13:00 | HOCHSCHULE FÜR BILDENDE KÜNSTE, HAMBURG | Räumlichkeiten werden noch bekannt gegeben

Anmerkungen, Fragen oder Anmeldung bitte an: richter@gestaltungsrichter.de